Friday Fail #59 – Die traurige Fifty Shades of Grey Hysterie

Seit ich an einem Mittwoch im Februar mit weit über 300 anderen (zudem hysterischen und womöglich auch vaginal gesteuerten) Frauen im neuen Fifty Shades Film saß, geistert mir ein Gedanke im Kopf herum: Wieso wird die Beziehung der beiden Hauptcharaktere als romantisch und vor allem als begehrenswert bezeichnet?

Ich finde diese Fifty Shades – Beziehung eher traurig.

Davon mal abgesehen, dass diese Charaktere unglaublich flach sind und in der Regel kein neuer Autor mit solchen Figuren ein Buch veröffentlichen könnte. Jede Dramaturgie in den drei Büchern ist nicht kunstvoll eingewebt, sondern mit Macht hinein gepresst wurden. Diese Bücher sollten doch lieber das bleiben was sie sind: Drei-Groschenromane, die einer Verfilmung nicht Wert wären. Wieso wurden sie aber dann doch verfilmt? Weil ein Großteil der Bevölkerung diese Geschichte ohne Reflektion, unglaublich herzzerreißend findet. Eigentlich sollte sie viel lieber als frustrierend bezeichnet werden.

Keine Beziehung kann nur auf Geschlechtsverkehr und Geilheit fußen. Am Anfang, in der Phase, in der man die rosarote Brille tragen darf, mag das wohl funktionieren aber danach? Worüber unterhalten die sich? Wie viel Geld sie verdienen und ausgeben können? Wohin sie fliegen können? Das müssen hochwertige Gespräche sein, wenn die sich jeden Abend die Taschen vollpranzen. Wahrscheinlich sind diese auch auf einem unerreichbaren Level intellektuell.

Geld macht auf Dauer nicht glücklich (aber natürlich macht es Dinge einfacher). Nicht umsonst gibt es so viele unglücklich verheiratete reiche Menschen… Ebenso kann es niemanden glücklich machen, wenn jemand von einer Person abhängig ist. Mit diesem Satz meine ich sowohl Christian als auch Ana. Die zwei spiralisieren sich in eine gegenseitige Abhängigkeit, die in weiter Konsequenz nicht gut für den einen noch den anderen sein kann.

Fassen wir kurz die Fakten zusammen:

Dieses Buch wurde geschrieben um die zwei drögen Twilight Stars eine glückliche Beziehung haben zu lassen. Die Beziehung hat funktioniert, aber die Qualität litt. Twilight ist kein Meisterwerk, aber dabei trotzdem auf textlicher und filmischer (nicht schauspielerischer) Basis besser als Fifty Shades of Grey.

Wenn wir schon dabei sind diese zwei Teenietraummärchen miteinander zu vergleichen, möchte ich hervorheben, dass Edward und Bella wenigstens nicht nach 3 Monaten des wilden Turtelns geheiratet haben. Unsere beiden (für mich) Antihelden sind im ersten Buch gerade einmal einen Monat (wenn nicht sogar weniger) in ihrem intensiven Liebesspiel involviert, dann herrscht kurz Funkstille und im darauf folgenden Monat wird sowohl geheiratet, furchtbare Dramaturgie angewandt und uns gezeigt wie schlecht Ana in Sexualkunde aufgepasst hat und wie Christian das Thema der Verhütung total ignoriert. Es ist doch die selbstverständliche Pflicht der Frau sich darum zu kümmern.

Und im eben jenen Monat bemerkt eine doch etwas verwunderte junge Frau, dass sie schwanger ist. Wow! Und so ein Buch ist ein Bestseller? Wieso kämpfen wir Mädels eigentlich für Gleichberechtigung, wenn wir solchen sozial und intellektuellen unterwürfigen Scheiß toll finden sollen?

Feminismus geht alle was an.

Man kann auch feministisch sein und sich trotzdem auspeitschen lassen. Oh man.

Mich würde ja überhaupt nichts wundern, wenn dieses belletristische Meisterwerk von dem „starken“ Geschlecht geschrieben worden wäre, aber das wurde es leider nicht. Diese Schriftstellerin schlug mit ihrem Meisterwerk, die auf viel zu vielen unnötig gefällten Bäumen gedruckt wurden, ihre Schaufel nur noch tiefer in den Graben namens „Feminismus brauche ich nicht!“.

Dieses unnötig romantisierte und unheimlich unrealistische Bild einer Liebesbeziehung macht uns eigentlich nur noch mehr kaputt. Wir leben in einer Zeit, in der jeder Angst vor festen Bindungen und besonders Ehe hat. Dieses Buch denunziert diese Institution doch leider nur noch mehr. Nach drei Monaten heiraten? Und das nur, weil jemand sich sicher sein will, dass der andere ihm voll und ganz gehört? Das ist nach meiner Auffassung die falsche Herangehensweise. Man sollte sich auch ohne Ehe sicher sein, dass der Partner immer auf und an seiner Seite ist. Ehe ist doch nur ein Katalysator für die Qualität der Beziehung und nicht die Lösung für alle Schwierigkeiten. Und hier spricht ein glücklicher Dauersingle.

Trotzdem möchte ich nicht so einen Freund wie Christian Grey. Ich will mir meine Kleidung, Auto und Handy (immerhin teilt er im Buch Blackberrys aus – kleiner Symphatiepunkt!) selbst aussuchen. Selbst der Gedanke, dass dieser kontrollsüchtiger Typ Mann als das non-plus-ultra Vorführmodell in Sachen Beziehung gilt, lässt es mir kalt den Rücken runter laufen. Wieso ist es erstrebenswert in jeder Lage und Situation seines Lebens vorgeschrieben zu bekommen was man zu machen hat? Wenn man dies zulässt, hört man doch in der letzten Konsequenz auf selbstständig zu denken und wird zu einer leeren Hülle, die artig ihren Frühstücksbrei schlürft und hin und wieder gebraucht wird um mit einem Penis ausgefüllt zu werden. Ist das wirklich das Leben was man sich wünscht? Ist das Liebe? Ist das Leidenschaft oder nur Lust?

Bedenken wir aber auch noch folgendes:

Das ist Anas erste Liebe. Woher weiß diese junge Dame denn eigentlich was Liebe ist? Ich dachte meine erste große Liebe würde auch ewig halten und auch dieser Herr wollte bestimmen was wann wo passiert. Ich bin zu dieser eben erwähnten Hülle geworden. Dieser Herr fand die Hülle nicht sonderlich attraktiv und hat sich folglich von mir differenziert. Herzergreifende Dramen gab es auch. Dadurch ist die ganze Sache aber nicht zu einem Bestseller geworden. Es war nur unschön.

Wieso gibt die Autorin der Bücher der nach starken Frauenfiguren lechzenden Jugend nicht eine eben solche Figur? Weil sie es nicht kann, oder weil die den Aufwand scheut? Natürlich ist es anstrengender etwas zu erschaffen, was nicht bereits existiert. Die etwaigen Erfolgschancen sind selbstverständlich auch höher wenn man seinen Inhalt in eine bereits gefräste Nut (Sinnbild für einen hoch frequentierten Absatzmarkt) legen kann. Aber macht das aus einem Zeitungsreporter einen Künstler? Eher nicht. Die Schriftstellerin bleibt die rhetorische Figur des Reporters. Sie bedient die Sensationsfreude der Kunden. Aber was macht die „Schriftstellerin“ nun? Sie wird jetzt sicherlich in Geld schwimmen, aber ich glaube kaum, dass sie es versuchen wird oder auch kann weitere Bücher auf den Markt zu geben. Diesen Erfolg wird sie mit keiner anderen Geschichte replizieren können, zumal es diese Geschichte ja nicht einmal zu 100% aus ihrer Feder stammt.

Spiegelt das auch unsere Gesellschaft wieder? Stirbt die Originalität nun vollständig aus. Röchelte sie mit dem aufkeimendem Hype um Fifty Shades of Grey schon auf dem Schlachtfeld der Ideen ihre letzten Atemzüge? Ich werde demnächst auch einen Bestseller umschreiben, in dem ich Eskapaden, Skandale und Mord mit hineinschreibe.

Dieses Thema ist einfach nur traurig.

Ist E. L. James dann wirklich eine Schriftstellerin oder jemand, der dank der Sensations-Geilheit der Menschen tatsächlich unglaubliches Schwein hatte? Gerade beim Überfliegen Ihres Wikipedia Eintrags erblickten meine Adleraugen einen Satz, der mich resigniert den Kopf schütteln ließ: Sie gehört laut dem Times Magazins zu den 100 einflussreichsten Menschen der Welt. Klasse. Jemand, der keine starke und relevante Aussage in drei Büchern packen kann, gehört zu denen, die die Möglichkeit und Macht hat die Gesellschaft zu beeinflussen. Ich habe ja schon immer gesagt, dass unsere Gesellschaft zu Grunde geht, aber heute Abend habe ich es mal wieder ausführlich darlegen und beweisen können.

Gute Nacht.

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